MTB-Tour durch den echten Ostharz
Wenn man mit Mountainbikern über Trails im Ostharz redet, dann dreht sich die Konversation meist um jene Wege, die im Gebiet zwischen Brocken und Wernigerode liegen. Manchmal reicht die geografische Kenntnis noch bis Thale oder man spricht über die mittlerweile Kult gewordene Teufelsmauer-Runde.
Doch der Harz endet ja nicht mit dem Bodetal. Unsere Ostharz-Karte fängt hier erst an! Auf unserer „Wollen-Wir-Unbedingt-Fahren-Liste“ rutschte das Selketal ohnehin immer weiter nach vorn und so haben wir uns schließlich zu einer Zwei-Tages-Tour durch den Ostharz entschlossen. Sie soll in Thale beginnen, nach Ballenstedt führen und uns durch das Selketal bis nach Harzgerode bringen.
Tag 1 | Romanische Schätze und schöne Aussichten
Am ersten Tag radeln wir uns erst einmal gemütlich warm. Auf dem R1 geht es nach Stecklenberg. Hier empfangen uns die prächtigen Kirschbäume, die gerade in voller Blüte stehen. Im Ort passieren wir einen kleinen Park, in dem es zwei super schnelle und steile Rutschen gibt (Tipp: absteigen und ausprobieren!). Wir strampeln hinauf zur Burgruine Lauenburg und genießen den Blick ins Harzvorland. Dann fahren wir weiter zu den Saalsteinen. Vom Preußischen Saalstein schauen wir in das tief eingeschnittene Kalte Tal und können am gegenüberliegenden Hang bereits den Anhaltischen Saalstein erkennen. Einmal runter und dann wieder hoch – wir schließen Wetten ab, wie beschwerlich der Aufstieg wohl sein wird. Doch schon auf den ersten Trail-Metern unserer Abfahrt verfliegen die Gedanken an mögliche Strapazen. Auf einem sich den Berg hinunter schlängelnden Pfad sausen wir hinab. Einige Kehren sind so spitz, das wir unser Hinterrad durch die Luft zirkeln müssen, um sie zu meistern. Was für ein Spaß!
Im Tal angelangt, erwartet uns ein Singletrail, den wir berghoch fahren und dabei ein Stück den Fluss begleiten. Der Anstieg erweist sich leichter als erwartet.


In Gernrode treffen wir mit der Stiftskirche St. Cyriakus auf ein Bauwerk der Straße der Romanik. Architektonische Schätze aus dieser Epoche werden uns mit der Burg Falkenstein und dem Schloss Ballenstedt auf unserer Tour nochmals begegnen. (Tipp: Für die Besichtigungen würde es sich lohnen, einen weiteren Tag einzuplanen.) Nun fahren wir wieder aus dem Harz heraus und suchen einen Singletrail, den uns ein Freund empfohlen hat und der entlang der Ausläufer der Teufelsmauer führt. Wir schließen uns mit den Dorfbewohnern von Rieder kurz und werden fündig. Gleich einer Achterbahn geht es für uns steil auf und ab, bis wir schließlich völlig ausgelaugt die Gegensteine, eine eindrucksvolle Felsformation, erreichen. Im nahegelegenen Ballenstedt genehmigen wir uns ein Mittagessen und ruhen uns im Schlosspark aus.
Anschließend kommen wir über den Lumpenstieg ins Selketal. Wir unternehmen einen Abstecher zur Burg Falkenstein (Straße der Romanik; Tipp: Die Falknerei bietet Flugshows an) und fahren dann gemütlich entlang der Selke in den Harz hinein. Diese rund zehn Kilometer auf einer Forststraße mit seichtem Anstieg wirken fast entspannend. Endlich treffen wir auf den reizvollen Trail-Abschnitt zwischen Mägdesprung und Alexisbad. Hier geht es teils steil hinauf und hinunter auf schmalen Pfaden und breiten Waldwegen. Im Pioniertunnel, den die 2. Kompanie des Magdeburgischen Pionier-Bataillons Nr. 4 während einer Übung vom 14. bis 19. Mai 1900 durch den Felsen schlug, müssen wir uns ganz schön bücken. Immer wieder werden wir mit fantastischen Aussichten belohnt, zum Beispiel am Luisentempel, einem Eisenguss von 1823, und an der Verlobungsurne.

Abgekämpft, aber glücklich – wir hatten doch mehr Trail-Schleifen eingebaut als geplant – kommen wir schließlich in unserer Unterkunft an, dem Gartenhaus in Neudorf. (Kontakt: Gartenhaus, Hauptstraße 112, 06493 Neudorf)
Wir werden herzlich empfangen und sind schon reichlich gespannt, was es zu essen geben wird. Wir sollten im Voraus nur sagen, was wir nicht essen wollen und uns überraschen lassen. Leckeres Schweinegeschnetzeltes mit selbstgemachten Spätzle und Ofengemüse belohnt für die Mühen des Tages. Mit einer ausgedehnten Runde eines Harz-Quizes lassen wir den Abend ausklingen. Das Spiel, das im Gastraum ausliegt, besteht aus vielen verzwickten Fragen. Manche können wir mit dem Wissen von unserer Tour beantworten. Die letzte Frage lautet: Wo schrieb Eike von Repkow den Sachsenspiegel, das erste deutsche Rechtsbuch? Na klar, auf der Burg Falkenstein!

Tag 2 | Bergbau, Seen und Flüsse
Gleich nach dem Aufstehen schauen wir im Internet, wo wir uns mit Essen für unterwegs eindecken können. Doch es sieht nicht gut aus, kein Supermarkt, kein Bäcker liegt auf dem Weg! Was nun? Sich etwas vom Frühstücksbüffet stibitzen?
Noch ehe uns der Duft von Kaffee und frischen Brötchen in die Nase steigt, werden wir im Gastraum lieb begrüßt und ohne, dass wir fragen, bieten unsere Gastgeber uns Butterbrotpapier für das Wegbrot an. Was für ein Service!
Wir verlassen Neudorf und genießen den ersten Trail des Tages entlang des Birnbaumteichs. Nun fahren wir auf einem Bergbaulehrpfad bis zum Bergwerk Grube Glasebach, wo bis ins 19. Jahrhundert silberhaltiger Bleiglanz, Zinkblende und Kupferkies gefördert wurden. Heute kann hier Bergbautechnik besichtigt werden. Viele Fragen aus dem Harz-Quiz vom Vorabend drehten sich um den Bergbau. Heute hätten wir sicherlich noch mehr Fragen richtig beantworten können! Auf jeden Fall ist der Wurzeltrail ganz nach unserem Geschmack.

Als wir in Güntersberge eintreffen, sehen wir einen mobilen Bäckerstand. An diesem rollenden „Tante-Emma-Laden“ gönnen wir uns ein Stück Kuchen auf die Faust. An der nächsten Straßenecke warten schon mehrere ältere Herrschaften darauf, dass der Wagen auch bei ihnen hält. So funktioniert hier also die Versorgung. Im Fenster der hiesigen Touristinformation entdecken wir ein von der Sonne ausgeblichenes Schild, auf dem die Verkaufszeiten der verschiedenen rollenden Läden stehen: Bäcker, Fleischer, Obst und Gemüse. (Tipp: Wer auf einen solchen Versorgungswagen im Ostharz spekuliert, sollte sich vor der Tour in der entsprechenden Touristinfo erkundigen.)


Über eine bunte Mischung von Forstwegen, Waldwegen und Trails gelangen wir nach Allrode. Ab hier begleiten wir die Luppbode nach Treseburg. Der Trail erweist sich als abwechslungsreich: Mal ist er breit, dann wieder sehr schmal. Im Mittelteil trüben durch den Wind umgestürzte Bäume unseren Fahrspaß. Nach gefühlt zehn Baumübersteigungen entscheiden wir uns dafür, die Luppbode zu durchqueren. Eine richtige Entscheidung, denn so bleiben uns weitere entwurzelte Bäume erspart. Nach kurzer Strecke auf der Straße können wir über eine Brücke wieder auf die andere Seite des Flusses wechseln und unseren Trail zu Ende fahren.
Schließlich erwartet uns noch das große Finale von Treseburg nach Thale. Dort belohnen wir uns mit Cappuccino und Eis in der angesagten Eisvilla in Thale (Kontakt: Eisvilla, Hubertusstraße 7, 06502 Thale, Tipp: Auch der Kuchen ist hier fantastisch!) und lassen die zwei ereignisreichen Tage Revue passieren.

Fazit
Der Ostharz hat wunderschöne Trails zu bieten. Die meisten sind leicht zu fahren und machen gewaltig Spaß! Diese Gegend ist ideal für Trail-Touren und Erkundungen, auf denen man viele Stops machen kann, um die Region, die Geschichte und Architektur ausgiebig zu entdecken. Natur und Kultur gepaart mit einer gehörigen Portion Trail-Vergnügen – was will man mehr?
Verlauf & GPS-Track:
Unsere Karte für diese Tour

Fahrradkarte Harz
Fahrradkarte für Tourenrad und Mountainbike mit 36 Tourenvorschlägen
Den Verlauf unserer Tour durch den Ostharz mit GPS-Track und Höhenprofil finden Sie in unserer Fahrradkarte Harz. Viel Spaß beim Nachfahren!